
Neuer Glanz für einen alten Sessel
Ich wollte schon seit längerem mal ein Polstermöbel selbst restaurieren. Das Einrichten einer Wohnung war die perfekte Gelegenheit das mal auszuprobieren.
Vor rund eineinhalb Jahren bin ich mit meinem Freund in eine Wohnung in Zürich gezogen. Mit viel Elan haben wir uns dem Einrichten der ersten gemeinsamen Wohnung angenommen. Im Wohnzimmer wollten wir eine gemütliche Sitzecke mit Sofa und Sessel. Also machten wir uns auf die Suche nach den passenden Möbeln.
Um Umwelt und Portmonnaie zu schonen, haben wir auch nach Secondhand Möbeln gesucht und online einen Mid-Century Sessel gefunden. Wir sind zum Brockenhaus gefahren und haben den Sessel trotz dem sehr verstaubten Zustand mitgenommen. Ich hatte schon länger vor, selbst mal ein Polsterei-Projekt umzusetzen und dieser Sessel war das perfekte Objekt.

Vorbereiten
Als Vorbereitung für dieses Projekt habe ich sehr viele YouTube-Videos von professionellen Polster*innen geschaut und habe jeden Hinweis aufgesaugt. Dazu gehörte auch die richtige Ausrüstung.
Hilfreiche Werkzeuge fürs Polstern und was man sonst noch so braucht, sind folgend aufgelistet:
- Polsternadel
- Stoffschere
- Normale Schere (Für alles ausser Stoff)
- Elektrischer Tacker inkl. Klammern
- Werkzeug um Klammer zu entfernen
- Nähfaden
- Polyesterfliess
- Schaumstoff (nur falls das Polster ersetzt werden muss)
- Sprühkleber
- Polsterstoff
- Nesselstoff
- Grob gewobener Jutestoff
Vermutlich habe ich mir noch weiteres Material angeschafft. Wenn mir noch mehr in den Sinn kommt, ergänze ich die Liste später noch.
Demolieren
Wenn etwas Neues entstehen soll, muss Altes oft weichen. Das war auch bei diesem Sessel nicht anders. Ich habe begonnen den alten Bezug nach und nach vom Sessel zu nehmen und habe dabei jedes kleinste Detail mit Fotos dokumentiert. Dies damit ich beim Anbringen des neuen Bezugs nachschauen konnte, wie das Original aussah. Zudem habe ich jedes Stück Stoff, das ich vom Sessel entfernt habe, angeschrieben, damit ich später auch ja noch wusste, wo es mal hingehörte.
Das Demolieren des Sessels war eine staubige Angelegenheit. Mit jeder Heftklammer die ich entfernt habe, rieselte mehr Staub aus dem Sessel. Beim Auseinandernehmen der Armlehnen und Entfernen des Stoffs an der Rückenlehne kam zum Vorschein, dass sich der alte Schaumstoff unter dem grünen Bezug teilweise zu einem feinen Pulver aufgelöst hat. Dies geschieht (habe ich zumindest gelesen) durch zu viel UV-Strahlung.
Folgend ein paar Eindrücke vom demolieren:




Als der Sessel dann so aussah:

habe ich mich entschieden, neben dem Bezug, auch den Schaumstoff zu ersetzen.
Erneuern
Schaumstoff
Den Schaumstoff konnte ich in einem Spezialgeschäft kaufen. Da ich mich nicht so stark mit den verschiedenen Härten von Schaumstoff und deren Beschaffenheiten auseinandersetzen wollte, habe ich mich da auf die Beratung und Expertise des Verkäufers im Schaumstoffladen verlassen. Ich bin also dahin, hab die Masse angegeben und und konnte den zugeschnittenen Schaumstoff kurze Zeit später abholen.
Um den Schaumstoff vor dem direkten Kontakt mit den Federn zu schützen, habe ich zwischen den Federn und dem Schaumstoff je eine Lage des grob gewobenen Jutestoffs und des Polyesterfliess angetackert. Dann habe ich den Schaumstoff mit dem Sprühleim an das Polyesterfliess geleimt. Darüber nochmals eine Lage Polyesterfliess (ich glaube es war 2 cm dick). Das Polyesterfliess dient einerseits dem Schaumstoff als Schutz vor UV Strahlung und andererseits dem Polsterstoff vor übermässiger Abnutzung durch Reibung am Schaumstoff.

Bezug
Wir fanden die Farbe des alten Bezugs eigentlich ganz schön und wollten das grün beibehalten, daher haben wir uns für wieder einen grünen Stoff entschieden. Um das ganze noch etwas spannender zu gestalten, haben wir ein Fischgrätmuster ausgewählt. Der Stoff war schnell bestellt und auch ziemlich schnell bei uns.
Als Schnittmuster habe ich die angeschriebenen Stoffstücke das alten Bezugs verwendet. Der erste Schnitt in den neuen Stoff war ziemlich nervenaufreibend. Wer schon mal was genäht hat, weiss vlt., wie sich das anfühlt. Wer möchte schon in ein perfektes Stück Stoff schneiden, wenn man eigentlich keine Ahnung hat, was man da gerade macht. Ich habe mich dann doch dazu durchgerungen und das Polstern an sich hat dann erstaunlicherweise recht gut geklappt.
Begonnen habe ich mit dem Sitz. Das Fischgrätmuster musste dabei genau an der Mitte ausgerichtet werden, damit es gerade über den gesamten Stuhl verläuft. Weiter war darauf zu achten, dass auf allen Seiten ungefähr gleich viel Zug auf dem Stoff war, damit es einerseits den Schaumstoff und andererseits das Muster des Stoffs nicht verformte und verzog. Im Grundsatz wurde der Stoff aber einfach auf der unteren Seite angetackert. Dabei wichtig: Immer von der Mitte nach aussen und die Ecken am Schluss machen. Und dann nochmals das selbe mit der Rückenlehne.

Als nächstes machte ich mich an die Armlehnen. Einen Teil habe ich mit der Nähmaschine vorgenäht und dann über die mit neuem Polyesterfliess ummantelten Armlehnen gezogen und wiederum angetackert. Die Armlehnen konnte ich dann mit den Schrauben und Muttern wieder am Rest des Sessels anschrauben.
Danach habe ich am Rücken des Sessels einen Karton angetackert (für die Festigkeit des Rückens) und Polyesterfliess angeleimt. Danach konnte der Stoff befestigt werden. Für den Rücken des Sessels habe ich den Stoff oben angetackert und die Seiten von Hand mit der Polsternadel zusammengenäht. Es gäbe da einfachere Methoden, für mich war das im Moment aber die beste Lösung.
Zu diesem Zeitpunkt sah der Sessel eigentlich schon fertig aus. Es fehlt jedoch noch ein paar Abschlussarbeiten.
- Unten am Sessel wird ein Nesselstoff angetackert um die Federn zu schützen und die vielen Tacker zu verstecken.
- Unser Sessel hat schwebende Armlehnen aus Holz, die ich mit Holzdübeln wieder am Rest der Armlehne befestigt habe.
- Offene Ecken resp. Kanten wurden zusammengenäht
Und fertig ist mein erstes Polsterprojekt. Eigentlich ganz schön geworden oder?
